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Beirat und Aufsichtsrat in Familienunternehmen

Fachbeitrag im Gesellschaftsrecht

1. Einleitung

Aufsichts- und Beratungsgremien sind in Familienunternehmen weit verbreitet aus verschiedenen Gründen. Zum einen können größere Unternehmen gesetzlich verpflichtet sein, solch ein Gremium einzurichten. Zum anderen haben viele Familienunternehmen positive Erfahrungen damit gemacht, einen Beirat einzusetzen.

In Familienunternehmen sind unterschiedliche Bezeichnungen für Aufsichts- und Beratungsgremien üblich, wie zum Beispiel Aufsichtsrat, Verwaltungsrat, Beirat oder Gesellschafterausschuss. 

Der Beirat ist oft ein wichtiger Bestandteil einer ausgewogenen Unternehmensführung (Corporate Governance). Er berät und überwacht in der Regel die Geschäftsführung im Auftrag der Eigentümer. Besonders in Familienunternehmen spielen persönliche Beziehungen der Beteiligten sowie ihre Loyalität zur Eigentümerfamilie eine entscheidende Rolle.

Bei der Einrichtung eines Beirats ist es wichtig, klare Zielsetzungen und Erwartungen der Gesellschafter an das Gremium genau zu definieren. 

Ein Beirat ist jedoch kein Allheilmittel. Dennoch kann ein gut strukturierter und angemessen ausgestatteter Beirat definitiv zur Weiterentwicklung des Unternehmens beitragen und Risiken reduzieren.

2. Gründe für die Einrichtung eines Beirats

Die Gründe für die Einrichtung eines Beirats sind vielfältig:

  1. In bestimmten Rechtsformen wie AG oder KGaA, mitbestimmten Unternehmen nach dem Drittelbeteiligungsgesetz oder Mitbestimmungsgesetz sowie in regulierten Industrien wie Finanzen und Versicherungen ist die Einrichtung eines Aufsichtsrats gesetzlich vorgeschrieben.

  2. Im Beirat werden Kompetenzen und Erfahrungen gebündelt, die eine effektive Führung und Kontrolle des Unternehmens gewährleisten sollen.

  3. Ein Beirat kann den Generationswechsel begleiten und den Nachfolger unterstützen.

  4. Wenn die Familie sich aus der operativen Führung zurückzieht, kann der Beirat das Unternehmen strategisch führen.

  5. Bei Konflikten innerhalb der Familie kann der Beirat vermitteln und die Handlungsfähigkeit der Eigentümer sicherstellen.

  6. In einem wachsenden Gesellschafterkreis kann der Beirat die Interessen der Eigentümerfamilie vertreten und das Verhältnis zwischen Familie und Unternehmen fördern.

  7. Die Etablierung eines Beirats kann die Attraktivität des Unternehmens für externe Manager erhöhen, da professionelle Führungsstrukturen etabliert werden und der Beirat einen Ausgleich zwischen der Rationalität des Unternehmens und der Emotionalität der Familie schafft.

  8. In Krisensituationen kann ein Beirat eingesetzt werden, um die Krise zu bewältigen und aufzuarbeiten.

  9. Ein Investor, der sich am Unternehmen beteiligt, kann über den Beirat seinen Einfluss sicherstellen.

3. Aufgaben des Beirats

Die Hauptaufgaben des Beirats umfassen im Wesentlichen folgende Punkte:

  1. Beratung der Geschäftsführung bei bedeutenden Entscheidungen.

  2. Überwachung und Kontrolle der Geschäftsführung im täglichen Betrieb sowie in besonderen Situationen, insbesondere durch ein detailliertes Berichtswesen, die Festlegung zustimmungspflichtiger Geschäfte und die Genehmigung der Unternehmensplanung.

  3. Planung und Durchführung wichtiger Personalentscheidungen. Eine zentrale Fragestellung ist dabei, ob der Beirat für die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführungsmitglieder zuständig ist oder ob diese Kompetenz bei der Gesellschafterversammlung liegt.

  4. Unterstützung der Geschäftsführung bei der Selbstreflexion im Rahmen des Sparrings.

  5. Vermittlungsfunktion zwischen der Geschäftsleitung, den Gesellschaftern und der Familie.

4. Zusammensetzung des Beirats

Die Größe des Beirats variiert je nach Unternehmen zwischen 3 und 21 Mitgliedern. Für die Zusammenstellung des Gremiums spielen mehrere relevante Faktoren eine Rolle:

  • Die Rechtsform des Unternehmens.

  • Die Unternehmensgröße und die Anzahl der Mitarbeiter.

  • Die Anzahl der Familiengesellschafter.

  • Die Komplexität und die Risiken, denen das Unternehmen ausgesetzt ist.

Die Stärke des Beirats hängt entscheidend von seinen Mitgliedern ab. Daher sollten diese sorgfältig ausgewählt werden, basierend auf Kriterien wie zeitlicher Verfügbarkeit, Fachkompetenz, Lebenserfahrung und Loyalität.


Für die Besetzung der Beiratspositionen kommen verschiedene Gruppen in Betracht:

  1. Familiengesellschafter sollten berücksichtigt werden, sofern sie die erforderliche Eignung und Interesse an der Tätigkeit im Beirat zeigen.

  2. Externe Unternehmer und Führungskräfte sind ideale Kandidaten, vorausgesetzt sie stehen loyal zum Unternehmen und zur Familie. Bei ihrer Rekrutierung können Personalberater behilflich sein.

  3. Ehemalige Geschäftsführer des Unternehmens können unter bestimmten Umständen in Betracht gezogen werden, besonders nach einer angemessenen Abkühlungsperiode.

  4. Arbeitnehmervertreter sind insbesondere dann relevant, wenn ihre Beteiligung mitbestimmungsrechtlich erforderlich ist.

  5. Wissenschaftler und Forscher können in technologiegetriebenen Unternehmen wertvolle Beiträge leisten.

  6. Rechtsanwälte, Steuerberater und Unternehmensberater mit relevanter Erfahrung können nützliche Mitglieder sein, sofern keine Interessenkonflikte bestehen.

  7. Ein Wirtschaftsprüfer ist aufgrund standesrechtlicher Bestimmungen gehindert, Mitglied im Beirat zu sein.

  8. Ein Vertreter der Hausbank sowie Kunden und Lieferanten des Unternehmens sollten eher nicht in den Beirat berufen werden, um Interessenkonflikte zu vermeiden.

  9. Entsendungsrechte von Gesellschafterstämmen können historische Hintergründe haben, führen jedoch nicht immer zu optimalen Besetzungsentscheidungen und können Stammesdenken im Beirat fördern. Es ist oft besser, wenn die Mitglieder durch die Gesellschafterversammlung gewählt werden und so das Vertrauen der Mehrheit der Eigentümerfamilie genießen.


Besonders in Familienunternehmen, in denen externe Manager das operative Geschäft führen, sollten die Eigentümer überlegen, ob sie das Unternehmen strategisch aus der Position des Beirats heraus steuern möchten. In solchen Fällen kann es wichtig sein, dass eine Mehrheit der Beiratsmitglieder sowie der Vorsitzende Familienmitglieder sind, um einen entscheidenden Einfluss der Familie sicherzustellen.

5. Arbeitsweise des Beirats

a. Transparenz und Vertraulichkeit

Eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen der Unternehmensleitung und dem Beirat ist, dass sämtliche Angelegenheiten des Unternehmens transparent behandelt werden. Diese Transparenz wiederum erfordert uneingeschränkte Vertraulichkeit.

b. Berichtswesen

Damit der Beirat seine Aufgaben effektiv erfüllen kann, ist es entscheidend, dass seine Mitglieder kontinuierlich detaillierte Informationen über das Unternehmen erhalten. Besonders wichtig ist, dass der Beirat regelmäßig, üblicherweise monatlich, einen Bericht über die wichtigsten Kennzahlen (KPIs) erhält. Diese Kennzahlen sollten einen Vergleich mit dem Vorjahr sowie mit der Unternehmensplanung ermöglichen (Soll-Ist-Vergleich).

c. Vorsitzender und Stellvertreter

Die Rolle des Vorsitzenden prägt maßgeblich die Arbeit des Beirats, insbesondere da er intensiv sowohl mit den Unternehmens- als auch den Familienbelangen befasst ist und kontinuierlich mit der Unternehmensleitung im Austausch steht. Ein erfahrener Vorsitzender sollte über Führungserfahrung verfügen.

In Familienunternehmen übernimmt üblicherweise ein Familienmitglied den Vorsitz. Dieser leitet die Arbeit des Beirats, fungiert als Verbindungsglied zwischen der Geschäftsleitung und den Eigentümern, kümmert sich um die Anliegen der Familie und wird oft als Familienoberhaupt angesehen. Darüber hinaus leitet er in der Regel die Gesellschafterversammlung.

Stellvertretende Vorsitzende unterstützen den Vorsitzenden, entlasten ihn und vertreten ihn bei Bedarf. Diese Position bietet zudem eine Gelegenheit zur Vorbereitung auf die Übernahme des Vorsitzes.

d. Sitzungen

Eine effektive Sitzung sollte im Wesentlichen der vorher angekündigten Tagesordnung folgen. Zu den wiederkehrenden und wichtigen Punkten einer Sitzung zählen:

  1. Feststellung der Formalien.

  2. Genehmigung des Protokolls der vorherigen Sitzung.

  3. Präsentation der Geschäftsleitung zu Kennzahlen und laufenden Projekten. Die relevanten Unterlagen sollten den Mitgliedern vor der Sitzung zur Verfügung gestellt werden, um eine Vorbereitung zu ermöglichen.

  4. Besprechung von Schlüsselthemen wie Unternehmensstrategie, Unternehmensplanung, Portfolio, Personalentscheidungen usw.

  5. Zuweisung von Arbeitsaufträgen und Verantwortlichkeiten.

  6. Planung der nächsten Sitzung.

e. Protokoll

Es ist praktisch entscheidend, die Sitzungen des Beirats ausführlich schriftlich zu protokollieren, um sicherzustellen, dass Informationen und getroffene Entscheidungen dokumentiert und jederzeit abrufbar sind. Das Protokoll sollte folgende Inhalte umfassen:

  1. Datum, Uhrzeit und Ort der Sitzung sowie weitere formale Angaben.

  2. Liste der Teilnehmer und ggf. Anwesenheitsstatus.

  3. Zusammenfassung wichtiger Beiträge und Diskussionen.

  4. Festgehaltene Beschlüsse, inklusive der jeweiligen Abstimmungsergebnisse.

  5. Verteilung von Aufgaben mit zugehörigen Verantwortlichkeiten und Fristen.

  6. Ankündigung der nächsten Sitzung und gegebenenfalls die Agenda dafür.

f. Ausschüsse

Bei einer bestimmten Größe des Beirats könnte es ratsam sein, für zentrale Themen kleinere Ausschüsse zu bilden, die möglicherweise von einem Vorsitzenden geleitet werden. Dies betrifft insbesondere Bereiche wie Rechnungswesen, Abschlussprüfung, Risikomanagement, Personal und Technologien.

g. Haftung

Angesichts der persönlichen Haftung der Gremienmitglieder für Sorgfaltspflichtverletzungen stellt sich die Frage, wie die Attraktivität der Beiratsmitarbeit durch die Vereinbarung von Haftungserleichterungen und den Abschluss von D&O-Versicherungen erhöht werden kann. Zusätzlich kann die Gesellschafterversammlung über die Entlastung der Mitglieder entscheiden.

6. Rechtliche Grundlagen des Beirats

a. Gesetz

Die Einrichtung und Zusammensetzung des Aufsichtsrats sind gesetzlich vorgeschrieben unter anderem in folgenden Fällen:

  1. Rechtsform: Für Aktiengesellschaften (AG) und Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA) gemäß dem Aktiengesetz sowie für dualistisch organisierte Europäische Aktiengesellschaften (SE – Societas Europaea).

  2. Das Mitbestimmungsrecht erfordert einen paritätisch besetzten Aufsichtsrat insbesondere aufgrund des Drittelbeteiligungsgesetzes (500 Mitarbeiter) und des Mitbestimmungsgesetzes (2.000 Mitarbeiter), wobei für die Montanindustrie spezielle Regelungen gelten.

  3. In regulierten Industrien, insbesondere aufgrund des Versicherungsaufsichtsgesetzes, des Kreditwesengesetzes und des Kapitalanlagegesetzbuches.


b. Gesellschaftsvertrag

Neben den bereits genannten gesetzlich geregelten Fällen, in denen die Einrichtung eines Aufsichtsrats verpflichtend ist, gibt es im Bereich freiwillig eingerichteter Beiräte weitgehend Vertragsfreiheit. Damit die Rechte und Pflichten des Beirats verbindlich sind, müssen diese im Gesellschaftsvertrag festgelegt werden. Die wichtigsten Punkte umfassen:

  1. Einsetzung des Beirats.

  2. Aufgaben des Beirats wie Beratung, Kontrolle, Personalentscheidungen etc.

  3. Anzahl der Mitglieder (üblicherweise 3 bis 21).

  4. Anforderungen an die Mitglieder, z.B. hinsichtlich Alter, Geschlecht und Qualifikation.

  5. Amtszeit der Mitglieder (typischerweise 3 bis 5 Jahre).

  6. Verfahren zur Bestellung, Abberufung und Entlastung der Mitglieder durch die Gesellschafterversammlung, ggf. Entsendungsrechte der Gesellschafterstämme.

  7. Informationsrechte und Berichtspflichten.

  8. Katalog zustimmungsbedürftiger Geschäfte, bei denen die Geschäftsführung die Zustimmung des Beirats benötigt.

  9. Anzahl der Sitzungen des Beirats pro Jahr (üblicherweise 4 bis 6).

  10. Regelung der Vergütung, über die die Gesellschafterversammlung entscheidet.

  11. Haftungsregelungen für die Mitglieder.

  12. Ermächtigungsgrundlage für die Erstellung einer Geschäftsordnung für den Beirat.

  13. Klärung, ob die aktienrechtlichen Vorschriften über den Aufsichtsrat ergänzend anwendbar sind.

  14. Weitere Details können in der Geschäftsordnung des Beirats geregelt werden.

Diese Punkte stellen sicher, dass die Einrichtung und Funktionsweise des Beirats klar geregelt sind und eine effektive Zusammenarbeit zwischen Geschäftsführung und Beirat gewährleistet wird.


c. Geschäftsordnung

Die Geschäftsordnung des Beirats bietet eine flexible Möglichkeit, die Details und das interne Verfahren des Gremiums zu regeln, was im Vergleich zu einer Regelung im Gesellschaftsvertrag oft praktikabler ist. Die Geschäftsordnung kann entweder vom Beirat selbst festgelegt werden oder die Gesellschafterversammlung beschließt über ihre Verabschiedung. Zu den typischen Inhalten einer Geschäftsordnung gehören insbesondere:

  1. Bestellung eines Vorsitzenden und eines Stellvertreters sowie deren Rechte und Pflichten.

  2. Sitzungsvorbereitung, inklusive Ladungsfristen, Erstellung der Tagesordnung etc.

  3. Regelungen zur Beschlussfassung und erforderlichen Mehrheiten.

  4. Festlegung der Sitzungsleitung.

  5. Protokollierung der Sitzungen und Beschlüsse.

  6. Rechte der Geschäftsführer zur Teilnahme an den Sitzungen des Beirats.

  7. Regelungen für Beschlüsse, die außerhalb von regulären Sitzungen gefasst werden.

  8. Mögliche Bildung von Ausschüssen innerhalb des Beirats.

7. Kosten des Beirats

Die Einrichtung eines Beirats bringt sowohl einmalige als auch laufende Kosten mit sich. Die Gründungskosten umfassen insbesondere Ausgaben für Berater wie Rechtsanwälte, Steuerberater und Unternehmensberater.

Die laufenden Kosten setzen sich zusammen aus der Vergütung der Beiratsmitglieder sowie Ausgaben für die Organisation des Beirats, einschließlich Berichtswesen, Sitzungs- und Reisekosten sowie D&O-Versicherung.

Die Vergütung der Beiratsmitglieder variiert üblicherweise je nach Größe und Komplexität des Unternehmens und liegt im niedrigen bis hohen fünfstelligen Bereich pro Mitglied. Der Vorsitzende und sein Stellvertreter erhalten häufig das Anderthalb- bis Dreifache dieser Vergütung. Die Vergütung kann in Grundvergütung, Sitzungsgeld und erfolgsabhängige Komponenten aufgeteilt werden, die oft vom Erreichen bestimmter Leistungsziele wie z.B. EBIT/DA abhängen.

Die Vergütung der Beiratsmitglieder ist steuerpflichtig und muss von den Mitgliedern versteuert werden. Das Unternehmen kann die Vergütung grundsätzlich als Betriebsausgabe absetzen, wobei Kapitalgesellschaften diese nur zur Hälfte geltend machen können. Aus diesem Grund schließen Kapitalgesellschaften häufig Beraterverträge mit den Beiratsmitgliedern ab, um den Aufwand vollständig als Betriebsausgabe abzuziehen. Die Rechtsprechung hat jedoch klare Grenzen für die Anerkennung solcher Beraterverträge gezogen.

8. Beratung und Begleitung

Gerne stehen wir Ihnen für sämtliche Fragen zur Einrichtung und Ausgestaltung eines Beirats zur Verfügung und begleiten den gesamten Prozess im Gesellschafterkreis – von der ersten Idee bis zur konstituierenden Sitzung des Beirats.

Mit besten Grüßen, RA Dr. Rainer Freudenberg, LL.M.

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